Duldung für Menschen mit "ungeklärter Identität"
Bin ich von der “Duldung light” betroffen?
Es gibt viele verschiedene Arten von Duldungen. Eine davon ist die "Duldung für Personen mit ungeklärter Identität" nach §60b Aufenthaltsgesetz. Sie ist ein Sonderfall der "normalen" Duldung nach §60a Aufenthaltsgesetz, hat aber eigene Auswirkungen, wie z.B. ein Arbeitsverbot. Sie wird oft auch "Duldung light" genannt. Hier erfahren Sie, wer diese "Duldung light" bekommt, was sie bedeutet und was Sie gegen die Erteilung einer Duldung nach §60b tun können.
Generelle Informationen zur Duldung nach §60a finden Sie in unserem Kapitel "Duldung".
Was muss ich wissen?
Welche Duldung Sie haben, können Sie auf Ihrer Duldung selbst lesen. Bei einer Duldung nach §60b AufenthG stehen dort folgende Sätze:
- „für Personen mit ungeklärter Identität“
- „Erlischt bei Besitz eines zur Ausreise bzw. Rückführung in den Herkunftsstaat berechtigenden Dokumentes“*
- „Erwerbstätigkeit nicht gestattet (§60b Abs. 5 S. 2 AufenthG)“ und „Bei Verstößen droht Unternehmer/Arbeitgeber Bußgeld bis zu 500.000 €“*
- „Wohnsitznahme in … erforderlich“*
*Diese Sätze können auch in der Duldung nach §60a AufenthG stehen.
Wenn Sie eine Duldung nach §60a AufenthG haben, kann es passieren, dass Sie bei der Verlängerung Ihrer Duldung eine „Duldung light“ nach §60b AufenthG erhalten. Dies kann sein, wenn die Ausländerbehörde Ihnen Folgendes vorwirft, weshalb Sie bisher nicht abgeschoben werden konnten:
- Sie haben über Ihre Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht, also z.B. ein falsches Herkunftsland angegeben oder einen falschen Pass abgegeben.
- Sie haben falsche Angaben gemacht.
- Wenn Sie keinen Pass haben, dass Sie sich nicht (ausreichend) bemüht haben, einen Pass zu bekommen. Das nennt man "Passbeschaffungspflicht". Mehr dazu erfahren Sie unter “Was bedeutet “Passbeschaffungspflicht”?”.
- Bei der “Duldung light” gilt: Eine Täuschung zählt nur, wenn sie noch aktuell ist. Wenn die Behörde inzwischen die richtigen Daten kennt, gilt die Täuschung als beendet. Dafür müssen Sie belegen, dass Sie bei der Botschaft Ihres Herkunftslandes waren und sich um einen Pass bemüht haben. Auch wenn früher andere Angaben gemacht wurden, reicht es, die richtigen Daten später klarzustellen. Wichtig: Wenn ein Strafverfahren wegen der Täuschung gegen Sie läuft, bleibt diese weiterhin bestehen.
Wichtig: §60b AufenthG gilt für Sie nicht Wenn Sie minderjährig sind. Minderjährige sind für eine Täuschung oder falsche Angaben oder einen fehlenden Pass nicht selbst verantwortlich, da ihre Eltern oder ihr Vormund dafür verantwortlich sind.
Bitte beachten Sie: Die Ausländerbehörde ist verpflichtet, Sie auf Ihre “Mitwirkungspflicht” hinzuweisen. Ihre Mitwirkungspflicht besteht darin, sich um einen Pass zu bemühen. Außerdem muss die Ausländerbehörde Ihnen die Möglichkeit geben, sich um einen Pass bemühen. Nur wenn Sie sich dann nicht um einen Pass bemühen oder nicht glaubhaft machen können, dass Sie sich bemüht haben, kann die Ausländerbehörde Ihnen eine Duldung nach §60b AufenthG geben. Aber: Die Pflicht zur Passbeschaffung gilt automatisch durch das Gesetz, auch wenn die Behörde nicht darauf hinweist.
Gut zu wissen: Der Hinweis der Ausländerbehörde zur “Mitwirkungspflicht” muss nicht unbedingt schriftlich sein, er kann auch mündlich erfolgen. Sicherer ist jedoch ein schriftlicher Hinweis oder ein Vermerk über das Gespräch. Da die „Duldung light“ schwerwiegende Folgen haben kann, muss der Hinweis so erfolgen, dass die betroffene Person ihn auch wirklich versteht; wenn nötig, ist eine Übersetzung erforderlich. Vor Erteilung einer „Duldung light“ muss die betroffene Person zudem angehört werden.
Generell besteht eine Pflicht, sich einen Pass zu beschaffen und alles Notwendige zu unternehmen, um einen Pass zu bekommen. Allerdings nur, solange dies “zumutbar” ist.
Zumutbar sind in der Regel folgende Handlungen:
- Die persönliche Vorsprache bei der Botschaft sowie die Abgabe von Fingerabdrücken oder anderen erkennungsdienstlichen Maßnahmen (z.B. Fotos, Messungen).
- Die Abgabe einer “Freiwilligkeitserklärung”. Eine Freiwilligkeitserklärung besagt, dass Sie gegebenenfalls bereit sind, “freiwillig” in Ihr Heimatland zurückzukehren. Viele Länder verlangen diese Erklärung, bevor Sie Ihnen Papiere aus Ihrem Heimatland ausstellen. Die Freiwilligkeitserklärung müssen Sie in der Botschaft Ihres Landes unterschreiben. Weitere Informationen finden Sie auf handbookgermany.de.
- Die Teilnahme an Anhörungen.
- Die Angabe aller Tatsachen und Nachweise, die zur Klärung Ihrer Identität nötig sind.
- Sie müssen eine Erklärung abgeben, in der Sie bestätigen, dass Sie generell bereit sind, die Wehrpflicht in Ihrem Land zu erfüllen. Sie müssen nicht erklären, dass Sie Ihren Militärdienst geleistet haben. Beachten Sie: Die Wehrpflicht selbst führt nicht zur Unzumutbarkeit der Passbeschaffung. Im Einzelfall, zum Beispiel bei Personen aus Kriegsgebieten oder bei einem Wehrdienst, bei dem mit einer grausamen erniedrigenden Behandlung zu rechnen ist, kann die Passbeschaffung aber unzumutbar sein.
- Die Zahlung der Passgebühren und sonstiger Kosten.
- Das Beschaffen von Unterlagen wie z.B. eine Geburtsurkunde über Kontaktpersonen im Heimatland.
Bitte beachten Sie: Falls die Behörde eine Handlung von Ihnen verlangt, die Sie nicht zumutbar finden, weil Sie z.B. begründete Angst vor einem Besuch bei der Botschaft haben oder Sie die Erklärung über den Militärdienst nicht abgeben können, ist es ihr Recht, sich an eine Beratungsstelle zu wenden. Die Adressen von Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie im Abschnitt "Wo finde ich Hilfe & Unterstützung?".
Falls die Behörde es verlangt und ein anderes Ergebnis wahrscheinlich ist, müssen Sie die oben genannten Handlungen auch wiederholen.
Für den Fall, dass Sie keinen Pass vorlegen können, müssen Sie glaubhaft machen, dass Sie sich um einen Pass bemühen. Andernfalls können Ihnen Ihre fehlenden Bemühungen zum Vorwurf gemacht werden. Mögliche Nachweise können z.B. eine Terminbestätigung der Botschaft, ein Schreiben der Botschaft oder ein Schreiben an eine Kontaktperson im Heimatland sein. Sie können auch versuchen, Ihre Bemühungen durch Fotos Ihrer Botschaftsbesuche zu beweisen. Der Flüchtlingsrat Thüringen hat ein Muster entwickelt, das Sie als Vorlage für die Dokumentation Ihrer Bemühungen nutzen können. Sie finden es auf den letzten Seiten des PDFs Arbeitshilfe "Mitwirkungspflichten".
Wenn diese Nachweise glaubhaft belegen, dass Sie sich bemühen, haben Sie Ihre Mitwirkungspflicht erfüllt. In diesem Fall gilt §60b nicht (mehr) für Sie und Sie bekommen eine Duldung nach §60a. Mehr zu Ihren Rechten & Pflichten mit einer Duldung nach §60a erfahren Sie in unserem Kapitel "Duldung".
Bitte beachten Sie: Wenn Sie sich nicht bemühen, einen Pass zu bekommen, ist das eine Ordnungswidrigkeit. Das kann mit einer Geldbuße bis zu 5000 Euro bestraft werden. Wenn Sie unvollständige oder unrichtige Angaben machen, um wieder eine Duldung nach §60a AufenthG zu bekommen, wird das als Straftat geahndet. Das kann zu einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder einer Geldstrafe führen.
Wenn Sie eine Duldung nach §60b AufenthG haben, gibt es einige direkte gesetzliche Auswirkungen. Inhaber*innen einer "Duldung light":
- Dürfen nicht arbeiten.
- Dürfen nicht in einen anderen Landkreis umziehen.
- Ihre Asylbewerberleistungen werden gekürzt. Sie erhalten also weniger finanzielle Hilfe vom Staat.
- Die Monate oder Jahre mit "Duldung light" werden nicht angerechnet, wenn Sie später eine Aufenthaltserlaubnis für Menschen mit Duldung wie z.B. die Aufenthaltserlaubnis nach §25a oder §25b AufenthG oder eine Niederlassungserlaubnis beantragen wollen. Mehr zu den Aufenthaltserlaubnissen für Menschen mit Duldung erfahren auf handbookgermany.de.
Die Voraussetzung dafür, aus der Duldung nach §60b AufenthG herauszukommen, ist, sich glaubhaft um einen Pass zu bemühen. Sobald Sie nachweisen, dass Sie sich um einen Pass bemühen, haben Sie Ihre Mitwirkungspflicht erfüllt. Wie Sie dies tun können, erfahren Sie im Abschnitt "Wie kann ich nachweisen, dass ich mich um einen Pass bemühe?". Sobald Sie Ihre Mitwirkungspflicht erfüllt haben, können Sie in die "normale" Duldung nach §60a AufenthG wechseln. Und haben auch wieder die Rechte, die Inhaber*innen einer Duldung nach §60a AufenthG haben. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Kapitel "Duldung".
Wenn Sie eine Duldung nach §60b AufenthG haben oder bekommen sollen, kann eine Beratungsstelle oder ein*e Anwält*in Ihnen wichtige Unterstützung leisten. Eine Duldung nach §60b AufenthG hat viele negative Auswirkungen, die Sie vermeiden sollten.
Zudem sollten Sie wissen, wie Sie bei der Passbeschaffung mitwirken müssen und was das für Sie bedeutet. Viele Menschen mit Duldung haben z.B. Angst, dass sie bei Vorlage eines Passes abgeschoben werden. Für andere ist es sehr schwierig oder sogar unmöglich, einen Pass zu bekommen. Darum ist es wichtig, dass sich jede*r Einzelne konkret zu seinem Fall beraten lässt. Beratungsstellen in Ihrer Nähe finden Sie bei Local Search. Hier können Sie Ihren Wohnort eingeben und nach Asyl, Aufenthaltsrecht oder Rechtsberatung suchen.
Wichtig
Die Monate oder Jahre mit der “Duldung light” nach §60b AufenthG werden nicht mitgezählt, wenn sie später eine Aufenthaltserlaubnis für Menschen mit Duldung oder eine Niederlassungserlaubnis beantragen wollen (keine “Vorduldungszeit”). Wenn Sie aber das “Chancen-Aufenthaltsrecht” beantragen, werden die Zeiten mit „Duldung light“ angerechnet. Weitere Informationen zum Thema Aufenthaltserlaubnis für Menschen mit Duldung finden Sie bei handbookgermany.de.